Sonntag, 5. August 2007

Die Beerdigung

Letzten Donnerstag war Thandokasies Beerdigung.
Gemeinsam mit einigen meiner Teamkollegen machte ich mich morgends auf den Weg zu New Jerusalem, dem Kinderheim wo Thandokasie gelebt hatte und wo jetzt der Trauergottesdienst statt fand.Afrikanische Beerdigungen sind sehr traditionell, es gibt viele Verhaltensregeln und Beerdigungen sind eine echt große Sache.
Für uns Frauen bedeutete das unter anderem das wir Röcke tragen müssen und die Haare nicht offen tragen. Es ist wichtig, dass man (egal ob Mann oder Frau) die beste Kleidung trägt, die man besitzt. All diese Regeln und Angewohnheiten haben nicht unbedingt mit Respekt dem Verstorbenen zu tun wie wir das kennen. Hier geht alles um den Geist des Verstorbenen und den Einfluss den der Geist des Verstorbenen auf das Leben der Lebenden hat. Vorfahren werden angebetet. Sie bestimmen den Weg des Lebens, daher müssen sie gut behandelt werden. Die armsten der Armen geben Geld aus was sie nicht besitzen für eine große Beerdigung, einen teuren Sarg und einen großen, reichlich verziehrten Grabstein. Für mein Denken ist es schwirig das nachzuvollziehen. Aber hier ist es ganz tief drin in jedem Afrikaner.

Zurück zu Thandikasie, ihrem Leben und ihrer Beerdigung. In meinem letzten Eintrag hab ich geschrieben, dass sie die letzten 10 Monate ihres Lebens im New Jerusalem Kinderheim gelebt hatte. Im Trauergottesdienst habe ich dann erfahren, dass sie und ihr Zwillingsbruder 4 Tage nach ihrer Geburt von ihretr Mutter verlassen wurden und im Alter von 7 Tagen von ihrem Vater zu New Jerusalem gebracht wurden. Ihre Mutter hat sich nie für sie interessiert, der Vater kam ab und an zu Besuch ins Heim.
Beide, Vater und Mutter, waren bei der Beerdigung anwesend aber es wurde alles so arrangiert, dass sie keinen Kontakt miteinander haben.
Der Gottesdienst fand im Garten des Heims in einem Zelt statt. Es war ein Pfarrer anwesend der auch das Programm leitete. Es wurde viel gesungen, hauptsächlich fröhliche Lieder. Es ist nicht üblich langsame, traurige Lieder an einer Beerdigung zu singen. Tod gehört zum Leben und ist nur eine Übergangszeit.
Thandokasie lag in einem kleinen weißen Sarg. Eine gelbe Babydecke wurde über den Sarg gelegt, ihr Zwilingsbruder wurde in die gleiiche Decke eingewickelt.
Nach dem Gottesdienst wurde der kleine Sarg in den Kofferraum eines Taxis geladen und wir fuhren alle in mehreren Taxis zum Friedhof. Die ganze Fahrt über wurde gesungen und geklatscht. Ich kenne die Lieder nicht (ist nicht Xhosa) und weiß auch nicht wovon sie handeln.
Auf dem Friedhof angekommen war ich wie geschockt. Ich habe noch nie in meinem Leben einen so riesigen Friedhof gesehen! Wir sind noch ca10 Minuten auf dem Friedhofsgelände gefahren, vorbei an Gräbern. Nur Gräber. Egal wohin man schaut. EIn staubiger roter Hügel neben dem nächsten. Es gibt keine Pfäde dazwischen.
Die letzten ca 3 Minuten fuhren wir an wesentlich kleineren, kürzeren Grabhügeln vorbei. Alles Kleinkinder und Babies. Hunderte. Soweit das Auge reicht nur Gräber. DIe meisten der Baby Gräber hatten werder ein Kreuz, einen Grabstein oder auch nur eine Umrandung. Nur kleine Hügel. Häufig wurde eine Babywanne darübergestülpt und Fläschchen dazu gestellt.
Alles in mir schmerzt beim Anblick all dieser Kindergräber.
Wie oft passiert es, dass ein Baby in Deutschland verstirbt? Hier ist es Alltag. Jede Familie verliehrt irgendwann ein Baby oder Kleinkind. Es ist normal. Zu normal.
Endlich kamen wir zu dem kleinen leeren Loch in dem Thandokasies beerdigt werden sollte. Sie war die erste in dieser Grabreihe. Und daneben lauter kleine, leere Gräber die hungrig darauf warten gefüllt zu werden.
Die Beerdigung beginnt. Der Pastor spricht von Gottes Gnade, das er Thandokasie so früh zu sich gerufen hat. Ich stehe zwischen all den afrikanischen Mamas (Frauen), auf der anderen Seite stehen die Männer.
Ich weiß nicht wohin ich schauen soll. All diese Gräber! Die Tränen rennen einfach nur an meinen Wangen hinunter. Eine der Mamas gibt Mir ein Glas Wasser und streicht mir über den Rücken.
Der Pastor holt Thando, Thandokasies Zwillingsbruder, steigt in das noch leere Grab hinunter, setzt ihn hinein und steigt selbst wieder aus dem Grab heraus.
Ich hab das Gefühl mich übergeben zu müssen. Was passiert hier?! Thando wird wieder aus dem Grab herausgehoben und nun wird der kleine weiße Sarg reingelegt. Die Männer kommen und schaufeln das Grab zu. Ich weine. Nun gehen die Frauen zum Grab und legen Blumen nieder. Mir ist einfach nur schlecht. Ich gehe zum Grab und weine.
Ich weine nicht nur über Thandokasie.
Eine andere Mama kommt zu mir und reicht mir erneut Wasser zum Trinken und eine Rolle Klopapier um die Tränen zu trocknen.
Es ist vorbei, wir fahren zurück zum Heim um dort das Leben zu feiern. Alle im Taxi singen wieder. Ich versuche nicht mehr zu weinen, es ist mir unangenehm als einzige zu weinen.
ZUrück im Garten des Heims waschen sich alle die Hände in einer Wäschewanne. Der Pastor bespränkelt die Mutter, Thando und einige der Kinderpflegerinen sowie sein Auto und sich selbst mit dem Wasser. Ich finde das alles sehr komisch und frage nach. Es ist ein kulturelles, nicht christliches Ritual was sie praktizieren, damit die bösen Geister vom Friedhof einem nicht folgen. Ich frage auch warum Thando ins Grab gesetzt wurde. Auch hier handelt es ich um ein solches ungöttlliches Ritual. Sie glauben, dass Zwillinge eine Verbindung haben und sobald ein Zwilling stirbt und der Körper anfängt zu verwesen das der andere Zwilling krank wird, verflucht wird und wahrscheinlich innerhalb kurzer Zeit auch sterben wird. Deshalb wird der Zwilling zu erst ins Grab gelegt, damit er tod ist und wieder zum Leben erweckt wird.

In den afrikanischen Kirchen und selbst unter den Christen werden so viele kulturelle Riten praktiziert die im Wiederspruch zur Bibel stehen... Bitte bete für eine Offenbarung und Einsicht in den Kirchen und unter den Christen!!!

2 Kommentare:

maria hat gesagt…

hey katharina!
ich will dir nur mal sagen,dass ich die arbeit,die du in südafrica leistest sehr bewundere!
es gehört so viel stärke dazu zu dem das was du erlebst und tust.
mach weiter so!
liebe grüße
von maria
die "alte" fröbel kollegin

Anonym hat gesagt…

Hallo Katharina,
guter Bericht über die Beerdigung. Ich muss für die Schule etwas über die Sterbekultur in Afrika ausarbeiten, dein Beitrag hat mir echt weitergeholfen.